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Gott verzichtet auf seine Macht

Katholische Kirche Thalwil
Kerzenlicht beim Eingang

Warmes Kerzenlicht flackerte vor der Kirche in den Laternen, im Innern war es noch dunkel. Das Christkind lag noch nicht in der Krippe auf Heu und auf Stroh. Der imposante, fast sieben Meter hohe Weihnachtsbaum hingegen war so festlich geschmückt: es konnte nicht mehr lange dauern…



Kurz vor 23 Uhr begann die Choralschola in der Marienkapelle mit dem Gesang «Puer natus est» – «Ein Kind ward uns geboren»! Dann war es soweit, beim Einzug trug Elisabeth Korner das kleine Jesus-Kind mit hinein und legte es achtsam in die Krippe, begleitet von ersten Klängen aus Vivaldis «Gloria» vom Cäcilienchor. Das alles hatte eine besondere Würde und Feierlichkeit. Es lässt sich kaum beschreiben… man muss es erleben. Wir sangen «Stille Nacht, Heilige Nacht», wie es in Thalwil Tradition ist, gleich zu Beginn.

Festzelebrant war Br. Paul Zahner, Franziskaner aus Näfels. Was gibt es nach 2000 Jahren zur Geburt Jesu Neues zu sagen? Die zahlreichen Anwesenden spitzten die Ohren. Ja, begann Br. Paul seine Festpredigt, er werde immer wieder gefragt, warum ausgerechnet an einem der unfriedlichsten Orte der Welt, in Israel, Gottes Sohn Mensch wurde. Es heisse ja, er wäre der «Friedensbringer». Doch stattdessen: Immer noch und immer wieder Krieg. Wo sei denn der Friede Gottes?

Mit ernsten und wegweisenden Worten erläuterte er dann, dass Gott mit seiner Entscheidung ganz und gar Mensch zu werden, auf seine Allmacht verzichtet hat. Ohnmächtig wäre ER geworden. Ganz klein. Nackt, in einer ärmlichen Krippe, auf die Hilfe der Mutter angewiesen. Wenn wir auf IHN schauen, dürfen wir lernen was heisst es, demütig und friedfertig zu sein. Und dieser Friede fange immer wieder ganz klein in uns selbst an.




Die meisten machtstrebenden Menschen möchten das nicht hören. Es erscheint ihnen eine zu grosse Zumutung, sich Gott so klein und ohnmächtig vorzustellen. Doch im Loslassen von Machtvorstellungen läge gerade der neue Weg für uns bereit. Dieser Weg münde in Hingabe, Liebe, ewigem Frieden.



Bruder Paul brachte ein Olivenholz-Kreuz aus Palästina mit. Auf Hebräisch, Arabisch und Deutsch stehen dort die Worte Frieden drauf. Man kann das Herz in seiner Hand halten. Es sei etwas ganz Kleines. Dennoch könne man sich daran festhalten und die Symbolik sei klar: In den Herzen der Menschen beginne dieser göttlicher Friede. Aus diesem Grund dürfen wir vom kleinen Jesuskind lernen, dass Gott nicht allmächtig sein will, sondern vielmehr auf diese kleine Weise mit uns gemeinsam leben.

Die Musik in dieser Christmette war beschwingt und bewegend. Die Feier erreichte ihren Höhepunkt in der gemeinschaftlichen Mahlfeier, die uns alle weltweit und doch so persönlich mit IHM verbindet.

Schön war es, hoffnungsvoll und erbaulich! Zahlreiche Helferinnen und Helfer haben mit Hingabe zum Gelingen unserer Weihnachtsfeiern beigetragen: Da wurden echte Äpfel mit roten Bändern geschmückt, Massimiliano stand in schwindelerregender Höhe auf der Leiter und folgten den Anweisungen von Jésus, um die Strohsterne und Äpfel an die richtigen Stellen zu setzen. Im Vorfeld zum Gottesdienst gab es zudem die «offene Weihnachtsfeier» für Menschen, die sich an Weihnahten mehr Gemeinschaft wünschen.

Herzlichen Dank an Uschi Widmer für die Gestaltung der Krippe!

Das Friedenslicht, das in diesem Jahr aus Wien kam (wo die Flamme ein Jahr lang gehütet wurde), steht zum Mitnehmen bereit… Es ist schön, eine solche Pfarrei-Gemeinschaft erfahren zu dürfen, um dem Geheimnis Gottes näher zu kommen.



Angaben zur Mitternachtsmesse:

Der Cäcilienchor spielte von Antonio Vivaldi, «Gloria” in D-Dur für Soli, Orchester. Franziska Zimmerli, Sopran. Barbara Hensinger, Alt. Kammerorchester Aceras unter der Leitung von Peter Aregger. Orgel – herrlich wie immer – Andreas Schönenberger.

Fotos und Text: Sabine Zgraggen








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