«Ich fürchte, dass ich Heimweh nach der Pfarrei Felix und Regula haben werde»
Pfarrer Marius Kaiser wird die Pfarrei St. Felix und Regula, Thalwil, nach 16 Jahren verlassen und bereits ab 1. August 2024 die Pfarreien Wangen und Nuolen SZ leiten. Zum Abschied ein paar Fragen an den bewährten und beliebten Seelsorger.
Herr Kaiser, Sie sagten wiederholt, dass Ihnen ein Satz des Heiligen Don Bosco helfe, den kirchlichen Dienst gut zu erfüllen. Dieser lautet: «Fröhlich sein, Gutes tun – und die Spatzen pfeifen lassen». Was meinen Sie damit?
In unserer Welt und auch in der Kirche liegt vieles im Argen. Ohne die Augen vor all diesen negativen Tatsachen zu verschliessen, ist es im wahrsten Sinne des Wortes «not-wendig», das Positive zu sehen. Besonders im Pfarreileben ist es wichtig, den uns anvertrauten Menschen ´Good News´ zu bringen und Freude und Zuversicht auszustrahlen. Als Pfarreifamilie haben wir viele Gelegenheiten, Gutes zu tun, um dem gerecht zu werden, was wir im Leitwort unserer Pfarrei so ausdrücken: «Eine Gemeinschaft, die trägt». Natürlich kann man es nie allen recht machen. Immer gibt es Leute, die gern nörgeln und oft nur das Negative sehen. Hier hilft der Rat von Don Bosco: die Spatzen pfeifen zu lassen…
Wieso ist diese Art von Seelenhygiene denn so hilfreich und zu Ihrem Leitmotiv geworden?
«Seelenhygiene» – das ist ein gutes Stichwort für das, was das Herzensanliegen Gottes ist. Die Bibel besteht vom ersten bis zum letzten Buch aus Geschichten, wo es um Heil und Heilung geht. Und zwar um Gesundung an Leib und Seele. Und wenn wir in unsere Welt schauen mit all den Herausforderungen bezüglich Gewalt in verschiedenen Formen, Macht- und Geldsucht, Missbrauch jeglicher Art sowie rücksichtslose Ausbeutung der Schöpfung usw., dann entdecken wir, wie die Frage von einem achtsamen und verantwortungsbewussten Umgang miteinander und mit allen Geschöpfen das Gebot der Stunde ist. Auch der Papst betont immer wieder: Die Kirche sollte sich weniger um die eignen Probleme drehen! Also sollten wir vielmehr im Dienste der Menschen und der Schöpfung stehen und das Angebot Gottes für Versöhnung und «Seelenhygiene» schmackhaft machen!
Ihr Motto wird Sie auch nach ihrem Weggang von Thalwil begleiten. Was hat Sie zum Wechsel in eine neue Pfarrei bewogen?
Nach 16 Dienstjahren hat der Bischof von Chur gefragt, ob ich zu einer Veränderung bereit wäre. In der Regel gibt es in der Kirche alle zwei bis fünfzehn Jahre einen Wechsel. Auch wenn ein solcher Wechsel für alle Betroffenen manchmal nicht so leicht ist, ist er schlussendlich ein Gewinn. Veränderungen bringen die Chance, dass Gewohntes hinterfragt wird. Es ist oft heilsam, die Routine zu durchbrechen.
Ihre Arbeit als Pfarrer und Seelsorger in der Pfarrei Thalwil wird schon bald der Vergangenheit angehören. Was wird Ihnen davon besonders in Erinnerung bleiben?
Im Pastoralbereich Katechese konnten wir zum einen das Projekt Vorschulkatechese realisieren. Kinder und Familien werden vom Zeitpunkt der Taufe bis hin zum Schuleintritt begleitet. Zu den Vorschulprojekten, etwa ´Chinderchrabbelfiire´, ´Chinderchile´, ´Familienzmittag´, ´Ferienspass´ etc. gehört auch die Errungenschaft der katholischen Spielgruppe ´Himmelsleitere´, auf die wir besonders stolz sind.
Zum anderen haben wir auf der Oberstufe das Projekt Lueg – ´Läbe usem Glaube´ – geschaffen: Nach der 3. Oberstufe folgt das Pfarreiprojektjahr und der Firmkurs, der auf die Firmung mit 17 oder auch später vorbereitet.
Weiter spiegelt der Pfarreirat die interkulturelle Situation der Pfarreiangehörigen. Auch eine reformierte Person ist Mitglied. Zudem konnten wir über viele Jahre durch den Weihnachtsmarkt und andere Aktionen ein Entwicklungshilfeprojekt im Libanon unterstützen, welches Bildung für junge Menschen ermöglicht.
Ich möchte betonen, dass alle diese Projekte nur dank dem grossen Einsatz von Mitarbeitenden und ehrenamtlich Engagierten möglich wurden. Dafür bin ich dankbar.
Ob Sie wohl die Pfarreiarbeit in Thalwil vermissen werden?
Am künftigen Wirkungsort gibt es nur ein kleines Team von Mitarbeitenden. Es war auf der einen Seite eine grosse Herausforderung, in einem grösseren Team zu arbeiten. Auf der anderen Seite konnte ich von den Kompetenzen der einzelnen Mitarbeitenden und ihren Berufserfahrungen viel profitieren.
Vor allem aber fürchte ich, dass ich Heimweh verspüren werde, weil mir die freundschaftlichen Beziehungen mit jüngeren und älteren Menschen unserer Pfarrei St. Felix und Regula fehlen werden…
Worauf freuen Sie sich in der neuen Pfarrei?
Ein Vorteil von einem Pfarreiwechsel ist u.a. der «Reset»: Ich bin nach so vielen Jahren in so vielen Projektabläufen involviert, dass ich mich nicht mehr zurücknehmen kann. Insofern ist die Pfarreiarbeit an einem neuen Ort auch eine Chance, ein Neubeginn. Ich freue mich auf die neuen Mitarbeitenden sowie auf die Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen, mit denen ich das Pfarreileben gestalten kann. Und es wird spannend zu entdecken sein, wo dort die Menschen mit Freude unterwegs sind, wo sie Gutes bewirken und ob es auch dort pfeifende Spatzen gibt…
Was möchten Sie Ihrer Pfarrei, von der Sie nun weggehen, noch als wichtigen Impuls mit auf den Weg geben?
Ich möchte Zuversicht mit auf den Weg geben. Wenn sich Situationen verändern, werden Unsicherheiten spürbar. Es wird weitergehen, aber vielleicht anders. Das Wichtigste ist, dass die Veränderungen miteinander angegangen werden, dass die einzelnen sich als Teil eines grösseren Ganzen sehen. Entscheidend ist das Vertrauen auf Gott – das Bewusstsein, mit Jesus unterwegs zu sein – und sich zu öffnen für die Inspirationen vom Heiligen Geist.
Danke, Herr Kaiser, für Ihre Worte und alles Gute für die Zukunft.
Interview: Viviane Schwizer